Nullenergie-Haus Dörpe

Das Null-Heizenergie-Haus in Dörpe
ein erster Vesuch

Kurzbeschreibung

Das 1989 errichtete ökologische Null-Heizenergiehaus in Dörpe ist ein nicht unterkellertes, kompaktes und solar orientiertes Einfamilienhaus in hochgedämmter, teils einschaliger, teils zweischaliger Holzständerbauweise mit hinterlüfteter Holzfassade. Es verfügt über eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnnung und Erdwärmenutzung. Der verbleibende Energiebedarf für Gebäudebeheizung und Warmwasser sollte ursprünglich ausschließlich solar gedeckt werden, wozu Solarkollektoren und ein Heizwärme-Saisonspeicher eingebaut wurden. Die Anlage brachte jedoch keinen zufriedenstellenden Ertrag; der Heizwärmespeicher wurde nach mehreren Jahren wieder ausgebaut und der geringe Restwärmebedarf wird jetzt von einer Brennwerttherme geliefert.

Solare Orientierung / Kompaktheit
Das Null-Heizenergiehaus in Dörpe hat seine größte Fassade und die Hälfte seiner Fenster exakt nach Süden ausgerichtet. Durch die asymmetrische Dachform sind auch im Obergeschoß große Südfenster vorhanden. Nach Norden weisen dagegen nur 5 % der Fenster und diese auch nur in den Windfang. Je etwa 25 % der Fenster weisen nach Westen und Osten und belichten die Wohnräume in der Tiefe sowie die Nebenräume. Auf der Nordseite ist das Dach bis auf die Höhe der Erdgeschoßdecke heruntergeführt und ist im EG auf die gesamte Breite ein Pufferrraum mit Windfang vorgebaut. Im inneren sind die weniger licht- und wärmebedürftigen Räume sämtlich auf der Nordseite angeordnet.

Baukonstruktion

Das Null-Heizenergiehaus in Dörpe steht als Holzständerwerks-Konstruktion auf massiven Streifenfundamenten. Der Boden über dem Kriechkeller ist eine freigespannte mehrlagige Holzbalkendecke mit 48 cm gesamter Aufbauhöhe. Die tragenden Außenwände bestehen aus zweischaligem beplankten Holzständerwerk, dessen beide Schalen selbsttragend, selbst ausgesteift und zur Minimierung von Wärmebrücken nur an wenigen Stellen miteinander verbunden sind. Die Wandstärken betragen ohne Fassade 36-55 cm. Auch das Schrägdach und die Kehlbalkendecke zum unbeheizten Dachboden sind als mehrschichtige Holzkonstruktion in 53-55 cm Stärke ausgeführt.

Wärmeschutz
Die sehr großen Hohlräume in den Decken-, Wand- und Dachaufbauten des Null-Heizenergiehauses in Dörpe sind sämtlich mit Zellulosedämmung (WLG 045) verfüllt, die je nach Art des Gefachs eingeblasen, feucht eingespritzt oder eingeschüttet wurde. Die k-Werte der gesamten dämmwirksamen Aufbauten liegen unter Einbeziehung der jeweiligen Holzanteile zwischen 0,084 W/m²*K (Kehlbalkendecke) bis 0,129 W/m²K (Südwand), im Mittel der opaken Bauteile bei 0,1 W/m²K.

Die Fenster bestehen aus Zweischeiben-Wärmeschutzverglasung mit kV-Wert von 1,3 W/m²K und g-Wert von 0,67 in Holzrahmen. Der maßgebliche kF-Wert dürfte bei 1,4 W/m²K liegen. Diese Qualität war zum Bauzeitpunkt 1989 ein Spitzenprodukt, wäre heute für Passivhäuser aber nicht mehr sinnvoll. Die Fenster stellen deshalb in diesem Haus den wesentlichen Schwachpunkt der Gebäudehülle dar. Der Versuch, diese damals bereits bekannte Schwachstelle durch zusätzliche innere Schiebedämmläden an der Südfassade zu mindern, war nicht erfolgreich, da sich diese verzogen und luftundicht wurden. Für die großen Ost- und Westfenster war eine winterliche innere Vollabdeckung mit Saisondämmläden und Verfüllung des Hohlraums zwischen Fenster und innerer Abdeckung mit Korkschrot vorgesehen. Dies wurde in den ersten Jahren auch praktiziert, erwies sich aber als schwer handhabbar und erfolgte später nicht mehr.  Die Türen zwischen Diele und Nordpuffer sowie zwischen Küche und Vorratsraum im Nordpuffer sind ungedämmte marktübliche Türen. An der Dielentür wurde zusätzlich ein außenliegender Schiebeladen angebracht, an der Vorratsraumtüre jedoch nicht.

Der mit Dynbil berechnete Heizwärmebedarf des Hauses beträgt ohne Einbeziehung der Solaranlage 34,7 kWh/m²*a, der gemessene Rest-Heizwärmebedarf (Gas) 16,6 kWh/m²*a.

Wärmebrückenvermeidung
Wärmebrücken sind im Null-Heizenergiehaus in Dörpe durch die mehrlagige Holzbauweise mit ungestörten Mittelschichten und nahezu keinen von innen nach außen durchgehenden Holzbauteilen nahezu völlig vermieden. Lediglich am Zwischendeckenauflager besteht ein erhöhter Holzanteil und an den Tür- und Fensterrahmen bestehen bei dieser Rahmenkonstruktion unvermeidliche Schwachpunkte. Auch die beiden Nordtüren führen mit ihrem 10-15-fach höherem Wärmedurchgang gegenüber der Nordwand zu starken Wärmeabflüssen.

Luftdichtheit

Für das Null-Heizenergiehaus in Dörpe war ein Luftdichtekonzept erarbeitet worden. Die Luftdichtheit soll durch eine vollflächige luftdichtende und dampfbremsende Baupappeschicht erreicht werden. Diese ist im EG-Boden zwischen Spanplatte und Trittschalldämmung, in Wänden und Dächern zwischen der inneren GK-Traglattung und der GK-Bekleidung verlegt und an ihren Stößen sowie Anschlüssen an Holzbauteile verklebt. An später nicht mehr oder nur schwer zugängliche Holzanschlüsse wurden bereits beim zimmermannsmäßigen Aufbau Folien oder Pappstreifen eingelegt. Die 1991 nach ersten Nachbesserungen erreichte Luftdichtheit ergab einen n(50)-Wert von 0,9*1/h. Dieser Wert war für den damaligen Kenntnisstand sehr gut; zum effektiven Betreiben einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, wie sie zum Funktionieren eines Passivhauses notwendig ist, reicht die Dichtheit noch nicht aus.

Lüftung
Das Null-Heizenergiehaus in Dörpe hat eine Zu-Abluftanlage mit Abluft-Wärmerückgewinnung über einen doppelten Kreuzstrom-Plattenwärmetauscher (Polytherm); die Frischluft wird im Winter über einen 50 m langen und 1,1 m tief vergrabenen Luftkanal vorerwärmt. Die gemessene Rückwärmzahl liegt bei 0,90 – 0,93, die gemittelte Dauer-Stromaufnahme bei bedarfsgerechtem Taktbetrieb 44 Watt.

Heizung/Warmwasser
Die Wärmeversorgung für Restheizung und Warmwasser im Null-Heizenergiehaus in Dörpe war ursprünglich ausschließlich solar geplant. Für die solare Wärmeversorgung wurden 16m² Vakuum-Flachkollektoren auf dem unverschatteten und etwa 45° geneigten Süddach errichtet. Sie speisten einen 10 m³ Heizwasserspeicher sowie einen separaten 300 Liter-Brauchwasserspeicher. Der Heizwasserspeicher wurde stehend in der Hausmitte aufgestellt und mit 23 cm Zellulose gedämmt. Die Heizwärmeverteilung im Haus erfolgt über ein Pumpenwarmwassersystem mit Niedertemperaturheizkörpern. Als Notheizung wurde eine Gastherme installiert, mit der auch beide Speicher bedient werden konnten. Trotz aufwendiger Planung und Nachbesserungen wurde das Ziel einer zufriedenstellenden nur-solaren Wärmeversorgung nicht erreicht. Inzwischen ist der Saisonspeicher wieder demontiert und die Restwärmeversorgung erfolgt ausschließlich über die Gastherme.

Besonderheiten:
Besonderheiten des Gebäudekonstruktion dees Null-Heizenergiehauses in Dörpe sind die seinerzeit ungewöhnlich stark gedämmte, wärmebrückenarme und auf hohe Luftdichtheit hin durchdachte Holzkonstruktion der Außenbauteile, bei der zugleich auf ökologische Materialien Wert gelegt wurde. Haustechnisch bemerkenswert ist die hinsichtlich ihrer themischen Effizienz damals schon sehr gute Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Ansaugluftvorwärmung über das Erdreich sowie das mutige Konzept der Restwärmeversorgung über einen solar beschickten gebäudeintegrierten Saisonspeicher.

Würdigung
Die hochgedämmte, wärmebrückenarme und auf hohe Luftdichtheit orientierte Holzkonstruktion der Gebäudehülle wäre auch aus heutiger Sicht noch passivhaustauglich. Viele spätere Gebäude haben hiervon Elemente übernommen, wobei bei den Weiterentwicklungen besonders Rationalisierungsgedanken im Vordergrund standen. Bei den Fenstern und Türen waren bei dem Haus insgesamt noch keine befriedigende Lösungen gefunden worden, was auch auf den Mißerfolg bei dem temporären Wärmeschutz durch Schiebe- und Saisonläden zurückzuführen ist. Die Lüftungsanlage kann als weitgehend passivhaustauglich angesehen werden; neuere Anlagen benötigen vor allem noch weniger Strom. Das solare Saisonspeicher-Heizkonzept war sicherlich eine sehr bemerkenswerte Leistung des Bauprojekts, auch wenn das Betriebsergebnis letztlich nicht zufriedenstellend war. Die Konzeptidee war dabei durchaus realistisch, wie das vergleichbare System im seit vielen Jahren funktionierenden Passivhaus Gebauer/Adenbüttel zeigt. Für künftige Passivhäuser ist es jedoch vor allem zu teuer.

Damaliger Bauherr:
Ökologische Zukunftswerkstatt
Null- und Minimalenergiehäuser e.V.
Am Brink 6
31863 Coppenbrügge-Dörpe

Planung:
Erhard Wierns-Kaiser

Auswertung / Literatur:
Eberhard Hinz/Johannes Werner: Meßdatenerfassung und Auswertung beim ökologischen Nullenergiehaus Dörpe; Hrsg.: Institut für Wohnen und Umwelt, Darmstadt 1994.

Klaus Michael und Gudrun Heitmann: Stand der Passivhaus-Bauweise in Nordrhein-Westfalen. Studie im Auftrag des Ministeriums für Bauen und Wohnen NRW, Detmold, 12/1998.

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