Das Nullenergie-Haus Bornefeld in Warendorf
Kurzbeschreibung
Das Nullenergiehaus Bornefeld in Warendorf-Freckenhorst ist ein vollunterkellertes Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung in verklinkerter Massivbauweise und Satteldach aus Leimholzbindern großer Profilhöhe. Es hat ca. 280 m² Wohnfläche, ist relativ kompakt und passiv-solar ausgerichtet. Es verfügt über eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Sein Heiz- und Brauchwasserbedarf wird vollständig solar gedeckt, wozu eine sehr 100 m² große Solaranlage und ein 75.000 Liter großer Heizwasserspeicher vorhanden sind. Das Haus wurde 1992 fertiggestellt.
Solare Orientierung / Kompaktheit
Das Gebäude ist mit einer Traufseite und der Hälfte seiner Dachfläche nach Süden ausgerichtet. Das etwa 45° geneigte Süddach, welches den Solarkollektor trägt, ist voll südorientiert. Bei den Fenstern gibt es im EG auch wegen des großen Grundrisses keine reine oder überwiegende Südausrichtung; im OG gibt es wegen des völlig von der Solaranlage bedeckten Süd-Daches nur Ost- und Westfenster. Gegen sommerliche Überhitzung haben alle Außenfenster und Außentüren Dachüberstände und außenliegende Wärmedämmläden.
Seine hohe Kompaktheit erhält das Gebäude durch die geradlinige Bauweise und durch Verzicht auf gestalterische Einschnitte, Versätze oder Anbauten. Der beheizte Gebäudeteil umfaßt das EG, das OG und das DG bis unter den First.
Baukonstruktion
Das Gebäude ist konstruktiv ein Stahlskelettbau mit 24 cm starker KS-Massivausfachung. Sohlplatte und Zwischendecken sind aus Ortbeton, teils aus Betonfertigteildecken zwischen Stahlträgern. Die Verklinkerung der Außenwände ist wegen des großen Schalenabstands von 35 cm an einem eigenen Stahl-Traggestell befestigt. Das Dach ist ein Pfettendach mit Fuß-, Mittel- und Firstpfette aus 26 cm hohen Leimholzbindern. An dem vorgestellten Balkon unterstützen Stahlstützen die Lastabtragung. Die Dacheindeckung ruht auf separatem Stahlgestell, ebenso der Solarkollektor.
Wärmeschutz
Der sehr hohe Wärmeschutz wird nach unten durch eine 20 cm starke oberseitige PS-Dämmung der Kellerdecke erreicht. Ihr k-Wert Wert beträgt ca. 0,18 W/m²K. Die KS-Außenwände sind außenseitig mit 25 cm PS-Hartschaumdämmung gedämmt und mit hinterlüftetem Verblender verkleidet. Der k-Wert der Außenwand beträgt 0,12 – 0,14 W/m²K. Im Dach sind in der Binder-Ebene 125 mm PS WLG 040, in einer darunterliegenden 200 mm tiefen Lattung weitere 125 + 50 mm PS WLG 040 und 25 mm Steinwolle gedämmt und erreicht einen k-Wert um 0,12 W/m²K. Innenseitig der Dämmschichten ist als innere Bekleidung eine vollflächige 75 mm starke Holzwolleleichtbauplatte (Heraklith) montiert, die naß verputzt ist.
Die Fenster sowie die Terrassen- und Haustür sind zweifachverglast mit kV-Wert von 1,3 W/m²K und g-Wert von 75 % und mit Holzrahmen. Der rechnerische kF-Wert liegt bei 1,4 W/m²K. Die tatsächlichen Wärmeverluste der Fenster sind jedoch dadurch wesentlich geringer, daß das Haus an allen Außenfenstern und Türen Wärmedämmläden hat, die nachts geschlossen werden. Sie sind teils als manuelle Schiebe-, teils als elektromotorische Absenkläden gebaut. Durch die robuste Bauweise und präzise Führungsschienen sind sie nahezu nicht lufthinterströmt und funktionieren seit mehreren Jahren.
Wärmebrücken/Luftdichtheit
Die PS-Außendämmung der Außenwand ist zur Vermeidung von Wärmebrücken am Kelleranschluß über einen m tief als Kerndämmung der Kellermauer fortgesetzt. Die vorgestellten Balkone und Dachüberstände sind thermisch komplett getrennt. Die Außendämmung der Außenwände ist nahtlos mehrschichtig um das Bauwerk montiert und die Fensterzargen sind in die innere der beiden 125 mm starken PS-Dämmschichten integriert. Die Dämmschichten im Dach weisen keine durchgehenden Holzkonstruktionen auf. Die auf der oberseitig gedämmten Beton-Kellerdecke direkt aufstehende innere KS-Mauerschale enthält an ihrem Mauerfußpunkt dennoch eine gewisse Wärmebrücke. Die Luftdichtheit wird durch die gegossene Kellerdecke, den Innenputz der Massivwände und den Innenputz der inneren Dachbekleidung erreicht. Ein Luftdichte-Meßwert liegt nicht vor.
Lüftung
Das Nullenergiehaus Bornefeld enthält eine Zu-Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung über einem rekuperativen Rundrad-Wärmetauscher (Kraftanlagen Heidelberg), der von einem sparsamen Kleinmotor angetrieben wird.
Warmwasser/Restwärme
Die Warmwasserbereitung und Restwärmeversorgung erfolgt ausschließlich über eine Solarkollektoranlage von 100 m² Größe. sie ist auf dem 45° geneigten Süddach montiert ist und speist in einen 75 m³ großen, in der Gebäudemitte stehenden 11 m hohen Saisonspeicher ein. Der Wärmetauscher zur Entnahme der Heizwärme für die Fußbodenheizung kann dabei zur bessern Ausnutzung der thermischen Schichtung mechanisch mit einem Seilzug in seiner Höhenlage im Tank verstellt werden. Die Brauchwassererwärmung erfolgt durch ein Tank-im-Tank-System (300 Liter) im oberen Teil des Heizwasserspeichers. Das Frischwasser wird zuvor in einem sehr großen Gegenstrom-Abwasserwärmetauscher vorerwärmt, der unter der Kellerdecke montiert ist Die Wärmeverteilung im Haus erfolgt ausschließlich über eine Fußbodenheizung.
Heizwärmebedarf / Tatsächlicher Verbrauch
Eine Energiebilanz liegt nicht vor. Mangels externer Wärmezufuhr liegen auch keine Verbrauchswerte vor. Das Heizkonzept funktioniert nach Nutzerangabe seit vielen Jahren zufriedenstellend.
Besonderheiten
Besonderheiten des Passivhauses in Freckenhorst liegen in der zweischaligen Außenwandkonstruktion, der Fenster-Wärmedämmläden-Kombination, dem rein-solaren Heizsystem, der Bauart des Abluftwärmetauschers und der Abwasserwärmerückgewinnung.
Das Haus war damals das einzige bekannte Passivhaus bzw. Nullenergiehaus mit zweischaliger massiver Außenwandkonstruktion, die sonst wegen der damaligen Begrenzung des zulässigen Schalenabstandes auf 15 cm in der Mauwerksnorm für PH keine ausreichenden Dämmschichtstärken ermöglicht. Die Lösung lag hier in einer statischen Entkoppelung der Vormauer von dem tragenden KS-Mauerwerk; die Klinkerschale hat ein völlig separates Metall-Traggestell und fällt damit nicht unter die Einschränkungen des „zweischaligen“ Mauerwerksbaus.
Die Fenster-Wärmedämmladen-Kombination ermöglicht eine Zweischeibenverglasung mit hohem g-Wert und damit höheren täglichen solaren Wärmegewinnen, als es bei Dreifach- oder Kastenfenstern möglich ist. Zugleich sind die nächtlichen Wärmeabflüsse bei geschlossenen Dämmläden nicht hoch. Bemerkenswert ist die robuste Ausführung, präzise Führung und Abdichtung der geschlossenen Läden und die bereits langjährige Funktionstüchtigkeit.
Das rein solare Heizsystem basiert auf sehr großen Kollektor- und Speicherflächen, wobei der Speicher ein umfunktionierter ehemaliger Flüssiggastank ist und insofern wenig Kosten verursachte. Bemerkenswert ist die robuste Ausführung und die einfache aber gut funktionierende Verstellmechanik für die Höhenlage des Entnahmewärmetauschers im Tank sowie die sehr einfache Heizungsregelung.
Als Abluftwärmetauscher wurde ein sonst nur im industriellen Einsatz üblicher rekuperativer Trommelwärmetauscher eingesetzt, der eigentlich für wesentlich größere Luftdurchsätze konzipiert ist und für die hiesigen Einsatzbedingungen modifiziert wurde. Insbesondere wurde die Drehgeschwindigkeit der Trommel stark verringert und ein schwächerer Antrieb eingesetzt. Die thermisch gemessenen Wirkungsgrade der Wärmerückgewinnung sind beachtlich hoch.
Die Abwasserwärmerückgewinnung erfolgt in einem unter der Kellerdecke mit leichtem Gefälle montierten etwa 40 m langen doppelwandigen Gegenstrom-Wärmetauscher. Er wird in einer Richtung von Abwasser, in der anderen Richtung vom Trinkwasser durchströmt und soll eine wesentliche Abkühlung des warmen Abwassers bewirken.
Würdigung
Das Gebäude ist entsprechend seiner Konzeption klar aktiv-solar orientiert, und insofern zwar ein bemerkenswertes Null-Heizenergie-Haus, aber kein Passivhaus. Elemente der Gebäudekonstruktion sind dabei aber grundsätzlich passivhaustauglich, wenn auch meist recht aufwendig. Das Gebäude entstand unter der Randbedingung, daß der Bauherr Stahlbauunternehmer ist und viele für normale Bauleute sonst eher aufwendige und spezielle Details selbst kostengünstig herstellen konnte.
Die Wandkonstruktion und die funktionierenden Dämmläden zeigen jedoch Lösungsbeispiele für Probleme, bei denen mehrere andere damalige PH- oder Nulli-Projekte nur weniger erfolgreich waren.
Die Solaranlage wäre bei normalen Kostenrelationen sicherlich unverhältnismäßig aufwendig, da das Glück, zumindest den großen gebrauchten Speicher nahezu kostenlos zu erhalten, nicht verallgemeinerbar ist, auch wenn aufgrund der vor einigen Jahren veränderten Gastankbestimmungen schon seit Jahren viele hunderte solcher Tanks nahezu unentgeltlich zu erhalten sind.
Die Art der Abluftwärmerückgewinnung mit dem Drehtrommelwärmetauscher ist originell und bietet gewisse technische Vorteile (keine Vereisungsrisiken, regelbare Tauscherleistung, einfache Abstellbarkeit im Sommer etc.), hat aber Nachteile bei der Lufthygiene und der inneren Dichtheit, da sich gewisse Rückeinträge und Umluftanteile konstruktionsbedingt nicht vermeiden lassen.
Die Abwasserwärmerückgewinnung zeigt eine technisch zwar mögliche und auch effektive, aber im Normalfall recht aufwendige Tauscherlösung. Die nur einlagige Trennschicht zwischen Trink- und Abwasserstrom über längere Rohrstrecken mit vielen dazwischenliegenden Löt- oder Schweißverbindungen ist zudem hygienisch problematisch, jedoch grundsätzlich entwicklungsfähig.
Insgesamt enthält das Nullenergiehaus Bornefeld auf jeden Fall eine Fülle innovativer Ideen und besticht durch durchdachte Details sowie robuste und wenig fehleranfällige Konstruktionen.
Planung und Bauherr:
Thomas Bornefeld
Eisenbahnstr.9
48231 Warendorf-Freckenhorst
Auswertung / Literatur:
Klaus Michael und Gudrun Heitmann: Stand der Passivhaus-Bauweise in Nordrhein-Westfalen. Studie im Auftrag des Ministeriums für Bauen und Wohnen NRW, Detmold, 12/1998.