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Rahmen der energetischen Vorprüfung des Hamburger Passivhaus-Wettbewerb
wurde die Berechnung vom NEI überprüft.
 Der nachfolgende Text wurde
von Frau Gerth verfaßt:
 Hintergrund
 Der Bau von Passivhäusern
beginnt sich in Nord- 
 deutschland gerade zu etablieren.
Passivhäuser mit den
 für den Norden typischen
Verblendfassaden sind jedoch
 ein Novum, das selbst von
Kennern der Szene noch vor 
 Kurzem als nicht machbar
eingeschätzt wurde.
 Sie sind machbar: Im Westen
Hamburgs errichtete die 
 Bau- und Wohngenossenschaft
Brachvogel eG eine 
 Siedlung mit 45 Wohnungen,
die im November 2002 
 fertiggestellt wurde. Elf
Reihenhäuser dieser Siedlung 
 wurden als Passivhäuser
mit Verblendfassaden 
 ausgeführt, weitere
34 Wohnungen sind im 
 Niedrigenergiestandard erstellt
worden. 
  
  
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 Die Idee
 Die Absicht, in dieser Siedlung
auch Passivhäuser zu 
 erstellen, entstand nach
einer Exkursion nach Kassel 
 und Darmstadt. Die Besichtigung
mehrerer – großen- 
 teils bereits bewohnter
– Passivhäuser überzeugte 
 Bauherrin und Architektin:
die Bewohner schwärmten 
 von ihren behaglichen Häusern. 
 Lediglich die immer wiederkehrende
und scheinbar 
 unvermeidliche Putzfassade
– als Folge einer Hoch- 
 dämmung der Außenhaut
– ließ ein schales Gefühl der
 Unzufriedenheit bei den
norddeutschen Besuchern 
 zurück. 
 Die Passivhäuser der
Siedlung Brachvogelweg wurden 
 dennoch zunächst mit
der verbreiteten Thermohaut- 
 Außenwand und Putzfassade
geplant. 
 Erst kurz vor der Auftragsvergabe
für die Bauaus- führung fiel die Entscheidung für ein 2-schaliges
Außenmauerwerk mit Verblendfassade auch für die Passivhäuser. 
 Diese Entscheidung war das
Ergebnis einer 
 energetischen Optimierung,
die von der Gebäude- 
 ausrichtung und -form über
eine intensive Detailarbeit 
 und über den Nachweis
minimierter Kältebrücken 
 schließlich zu der
geforderten energetischen 
 Gesamtbilanz führte.
Das Konzept
 Die 11 Passivhäuser
(Reihenhäuser) sind in Nord-Süd- 
 Richtung orientiert und
in einer energetisch günstigen, 
 kompakten Bauform mit 2
Geschossen und Pultdach 
 konzipiert – ohne weitere
Gebäudeversprünge und ohne
 Keller. Die Nordfenster
der Passivhäuser wurden zur 
 Reduzierung von Wärmeverlusten
verhältnismäßig klein
 gehalten, während die
großen bodentiefen Südfenster 
 einen Energieeintrag einbringen.   | 
Der
Grundriss wurde so konzipiert, dass sich alle 
 Wohnräume nach Süden
orientieren, während Schlaf-
 und Nebenräume im Norden
angeordnet sind, der 
 Wohnungseingang im Norden
ist jeweils mit einem
 Windfang versehen. Die Wohnflächen
im Dachgeschoss
 werden über die Südfassade
belichtet, so dass der
 Einsatz von thermisch ungünstigen
Dachflächenfenstern
 entfällt. Balkone und
Vordächer stehen eigenständig 
 und thermisch getrennt vor
der Fassade. Die Balkone 
 und die über den Balkonen
befindlichen kleinen 
 Vordächer erfüllen
neben der Nutzungsfunktion ebenfalls die Aufgaben:
 - zur Zeit der steilen Sommersonne
für eine Ver-
   schattung der südorientierten
Wohnräume zu sorgen,
 - die Holzfensterelemente
vor der Witterung – insbe- 
   sondere der Sonneneinstrahlung
– zu schützen,
 - Tragkonstruktion der Photovoltaikelemente
zu bilden,
 - die Fassade optisch zu
gliedern, die eingesetzte
   Photovoltaik für
den Betrachter erlebbar zu machen.
 Die Wohnungen der NEH-Häuser
sind nach Südwest 
 (Eckgebäude) bzw. nach
West – Ost (Westflügel) aus-
 gerichtet. Diese Ausrichtung
ergab sich aus der städte-
 baulichen Situation: sie
ermöglicht eine Orientierung
 der Wohnungen zur benachbarten
Parkanlage mit
 herrlichen Ausblicken, sowie
zu den Innenhöfen, in 
 denen sich das gemeinschaftliche
Leben abspielt.
  
  
  
  
  
  
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| Die Konstruktion
 Alle Außenbauteile
der Passivhäuser sind hochgedämmt
 und erfüllen mit 9,59
– 14,88 kWh/m²a die Anforder- 
 ungen an den maximal zulässigen
Heizwärmebedarf von
 Passivhäusern.
 Als tragendes Außenwandmaterial
wurden 24 cm Poren-
 beton (WL 0,100) eingesetzt.
Die Kerndämmung besteht
 aus 15 cm Mineralfaser (WL
0,035), so dass die 
 handelsüblichen Verblendanker
verwendet werden
 konnten. Als Außenhaut
dient eine 11,5 cm starke 
 Verblendschale aus Hochlochziegeln
1600 (WL 0,68). 
 Die Innenwände und
Wohnungstrennwände sind in Kalk-
 sandstein erstellt, um einen
guten Schallschutz und ein
 gutes Wärmespeichervermögen
zu gewährleisten.
 Alle Fenster bestehen
aus einer 3-fach-Verglasung und
 gedämmten Holzrahmen,
bei einem Gesamt – U-Wert 
 von 0,77 bzw. 0,83 W/(m2K),
abhängig von der Lage und
 dem Zuschnitt des Gebäudes.
Die Fenster sind in der
 Ebene der Kerndämmung
eingesetzt und im tragenden
 Hintermauerwerk mittels
QMS–Befestigungsschienen
 verankert. Die Abdichtung
der Fenster erfolgte 4-seitig
 mit Butylband, die 
Fensterbefestigungsschienen wurden
 zusätzlich abgedichtet.
Diese Abdichtungsmethode
 erwies sich als dauerhafte
und sicher winddichte Lösung,
 hier ergaben sich keine
Beanstandungen aus den 
 Blower-Door-Messungen.
  
 Die Dächer bestehen
aus einer TJI-Trägerkonstruktion
 mit Gründachaufbau
(extensiv). Sie sind mit einer 
 Dämmung in Isophen
(WL 0,035) von insgesamt 40 cm
 versehen.
 Die Gebäude besitzen
keinen Keller. Der Estrich des
 Erdgeschosses ist auf 24
cm Polystyrol-Hartschaum-
 dämmung (WL 0,035)
und 2 cm Trittschalldämmung 
 (WL 0,035) schwimmend verlegt
worden.
 Insgesamt wurde eine lückenlos
dämmende und luft- 
 dichte Hülle von der
Architektin geplant und von der 
 Arbeitsgemeinschaft für
zeitgemäßes Bauen e.V. 
 zertifiziert. Alle Öffnungen
und Materialwechsel in der
 Außenhaut sind systematisch
in den Architektendetails
 geklärt und alle Kältebrücken
durch den Energieplaner
 Dr. Wilezich nachgewiesen
worden. 
 Die sorgfältige Detailarbeit
setzte sich auch während der Ausführung auf der Baustelle fort:
Die Mitarbeiter
 von Fa.Thölebau waren
so gut eingewiesen, dass alle
 relevanten Ausführungspunkte
ohne Beanstandungen
 ausgeführt wurden und
die abschließenden Blower- 
 Door-Tests auf Anhieb zu
guten Ergebnissen führten.
  
  
  
  
  
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Die Haustechnik:
 In jedem Reihenhaus (Passivhaus)
wird die Frischluft 
 mittels eines Ventilators
über einen Außenluftfilter 
 angesaugt und in einem Gegenstromwärmetauscher
 (Effizienz 85 %) von der
warmen Abluft erwärmt. Die 
 Verteilung der Zu- und Abluft
erfolgt auf kurzem Wege
 über ein zentrales
Treppenhaus. 
 Die Zuluftzonen werden über
Weitwurfdüsen mit Frisch-
 luft versorgt, im Bedarfsfall
wird die Zuluft mittels eines
 kleinen Heizkörpers
unterhalb der Austrittsöffnung 
 nacherwärmt. Der Restwärmebedarf
für die Nach- 
 erwärmung bzw. für
die Warmwasserversorgung wird 
 über Fernwärme
erzeugt. Der Warmwasserspeicher 
 befindet sich jeweils im
Heizungskeller des Eckge- 
 bäudes, unmittelbar
im Anschluß an die benachbarte
 Reihenhauszeile, die Verteilung
zu den jeweils 4 bzw. 
 3 Reihenhäusern erfolgt
direkt und auf kurzem Wege, 
 so dass auch hier die Energieverluste
minimiert sind. 
 Die Wohnungen der Niedrigenergiehäuser
sind mit 
 einer kontrollierten Lüftung
ohne Wärmerückgewinnung
 ausgestattet: die Zuluft
tritt über Spaltventile der 
 Fensterrahmen in alle Wohnräume
ein, die Abluft wird 
 über Abluftventile
mittels einer Lüfterbox aus Küche, 
 Bad und WC abgesogen. 
 Die Heizungs- und Warmwasserversorgung
erfolgt hier
 ebenfalls über Fernwärme,
von der Übergabestation 
 aus wird die Wärme
in die Heizungskeller aller 3 Höfe 
 verteilt und von dort in
die jeweiligen Wohnungen 
 weitergeleitet. Die Heizkörper
der Niedrigenergiehäuser
 befinden sich aus Behaglichkeitsgründen
in Fensternähe.
  
  
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Ökologisches
Bauen
 Die Dächer aller Gebäude
sind extensiv begrünt. Auf 
 den südorientierten
Dächern über den Balkonen der 
 Passivhäuser wurde
eine Photovoltaikanlage mit einer 
 Leistung von insgesamt 8
KW installiert. Diese Anlage 
 konnte nur durch das Engagement
einer Betreiber- 
 gemeinschaft, der Röbbek
Energieanlagen GmbH & 
 Co.KG, realisiert werden,
da die Investitionskosten im 
 Rahmen des öffentlich
geförderten Wohnungsbaus 
 nicht finanzierbar waren. 
Regenwasser wird nicht in
das Regensiel eingeleitet, 
 sondern für die Gartenbewässerung
genutzt, bzw. von 
 den Gründächern
aufgenommen und über offene 
 Mulden versickert. 
 In allen WCs wurden 4 l –
Wasserspartoiletten mit 
 Sammelhebern eingebaut.
Die verwendeten Dusch- 
 köpfe erzielen einen
Wasserdurchsatz von nur 
 6 l / min. 
 Geschirrspüler und
Waschmaschinen erhielten 
 ebenfalls einen Warmwasseranschluß,
um das 
 elektrische Aufheizen des
Wassers zu vermeiden.
 Alle verwendeten Baumaterialien
wurden nach 
 ökologischen Kriterien
ausgewählt und bieten ein 
 gesundes Raumklima. Es wurden
weder Bauschäume 
 noch PVC-Folien eingesetzt,
das Gründach z.B. wurde
 mit Kautschukbahnen abgedichtet.
 Die Bodenbeläge in den
Wohnräumen – Linoleum, 
 Holz, Keramik – sind umweltfreundlich,
langlebig und 
 gut zu pflegen.
 Die Siedlungshöfe sind
autofrei. PKWs werden entlang 
 der Erschließungsstraße
Brachvogelweg in Carport- 
 anlagen untergebracht. 
  
 Das Ergebnis
 Entstanden ist eine Siedlung
mit hoher Wohnqualität und einem umfassend realisierten ökologischen
Programm - finanziert im Rahmen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus.
 Gründächer und
Photovoltaikflächen weisen schon beim ersten Betrachten auf das Besondere
dieser Siedlung hin. 
 Die Wahl der Verblendfassaden
und der verzinkten Balkone und Vordächer, sowie die Detailausbildungen
lassen einen unterdurchschnittlichen Instandhaltungsaufwand erwarten -
wie von der Bauherrin beabsichtigt. 
 Die Passivhäuser mit
ihrer Hochdämmung der Außenhaut und der Wärmerückgewinnung
sind nur für den aufmerksamen oder eingeführten Besucher ablesbar:
Hier wird ganz normal gewohnt - denn ein Passivhaus ist letztlich nichts
anderes als der konsequent weiterentwickelte Standard im Wohnungsbau.
  
  
  
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