Passiv-Haus-Siedlung
Wiesbaden Lummerlund

Bauherr: Eigentümergemeinschaft Gladiolenweg und Fresienweg, 65201 Wiesbaden
Planer: Rasch & Partner Bauen und Wohnen GmbH, 64293 Darmstadt
Standort: Wiesbaden-Dotzheim
Baujahr: 2000


Gebäude

Wie eine Insel liegt die "Lummerlund" genannte Siedlung
in einem 17 Hektar großen Gelände auf dem
Freudenberg in Wiesbaden-Dotzheim. Hier entstanden in
den Jahren 1996/97 46 Reihenhäuser, davon 24
"Niedrigenergiehäuser" und 22 "Passivhäuser".
Um sich einen bestimmten Einfluß auf die bauliche
Entwicklung in diesem Gebiet zu sichern, wurde in
Wiesbaden eigens eine "Stadtentwicklungsgesellschaft"
gegründet. Diese entschied sich für eine ungewöhnliche
Reihenhaussiedlung, bei der die Kriterien günstige
Kosten, Energieeinsparung und hohe Qualität im
 Vordergrund stehen sollten. Das Konzept dazu lieferte
der Darmstädter Bauträger Rasch & Partner Bauen und
Wohnen GmbH, der das Bauvorhaben realisierte und die
46 Reihenhäuser anbot. Bereits im August 1997 waren
alle Häuser bezogen.er".
 
 
 
 
 
 

 

Auf 17 Hektar entstanden 46 Reihenhäuser, davon 24 "Niedrigenergiehäuser" und 22 "Passivhäuser.

Europas erste Passivhaus-Siedlung

Das Passivhaus ist die konsequente Weiterentwick-
lung des Niedrigenergiehaus-Konzeptes. Diese hat einen Bedarf an Heizenergie von lediglich circa 4 Liter Heizöl pro Quadratmeter im Jahr, das Passivhaus liegt mit circa 1,5 Liter noch erheblich darunter.
Bei der Entwicklung dieser Technologie leistete Dr.
Wolfgang Feist mit seinem 1992 in Darmstadt ge-
gründeten "Passivhaus-Institut" ebenso wissenschaft-
liche Pionierarbeit, wie das Darmstädter Institut "Wohnen und Umwelt". Mit diesen Instituten sowie mit dem "Arbeitskreis für kostengünstige Passivhäuser" arbeitete Rasch & Partner eng zusammen.
Während ein hoher technischer Standard zur Einspa-
rung von Heizenergie heute schon weitgehend erreicht ist, kommt es in Zukunft darauf an, daß Niedrigenergie- und Passivhäuser günstiger sind als konventionell ge-
baute Häuser gleicher Größe.
Unter den Faktoren, die notwendig sind, um eine hohe
Energieeinsparung zu erzielen, spielt die Dämmung der
Gebäudehülle eine entscheidende Rolle. Bei den Reihenhäusern in Wiesbaden-Dotzheim kam das
Capatect-Mineral-System (WDVS) zur Anwendung.

 

Eine Aufgabe für die Zukunft

Eine umfassende Energieeinsparung gehört zu den
dringenstens Zukunftsaufgaben, denn nur dadurch
können Ressourcen geschont, Schadstoffimmissionen
vermindert und somit die klimatischen Verhältnisse weltweit stabilisiert werden. Etwa 30% des Energiever-
brauches geht auf das Konto der privaten Haushalte, davon entfallen etwa 90% auf Heizung und Warmwas-
serbereitung: in diesem Bereich liegt also noch ein großes Energiesparpotential.
Die geltende Wärmeschutzverordnung (WSVO) legt bei
Neubauten einen Heizwärmebedarf von 54 bis 100 kWh
je Quadratmeter und Jahr (m²a) fest. Niedrigenergiehäuser liegen heute schon wesentlich darunter, nämlich bei 30 bis 70 kWh (m²a), die Passivhäuser bei <15 kWh (m²a).

"Die Einsparung von Energie ist heute die sicherste und produktivste Art der Energiegewinnung. Sie heizt die Inflation nicht an und die Atmosphäre nicht auf. Sie ist vergleichsweise billig, schnell erschließbar und läßt sich ohne strukturelle Änderungen in den Wirtschaftsprozeß integrieren. In erster Linie kann durch effiziente Energienutzung der Ausstoß von Kohlendioxid und anderer Umweltschadstoffe vermindert werden."

 

Zwei Konzepte

Passivhäuser, wie in "Lummerlund" verwirklicht, sind Gebäude mit einem ausgezeichneten Wärmeschutz, die künftig keine konventionelle, warmwasserführende Heizanlage mehr benötigen. Sie sind im Winter warm
und im Sommer kühl. Passivhäuser beruhen im wesentlichen auf dem technischen Standard der Niedrigenergiehäuser, dieser wurde aber in einigen Punkten weiterentwickelt. Eine Gegenüberstellung der beiden Haustypen kann dies verdeutlichen: 

"Beim Passivhaus ist wie beim Niedrigenergiehaus ein
Gleichklang zwischen ökonomischen Notwendigkeiten und ökologischen Zielsetzungen möglich."
(Dr. Wolfgang Feist, Leiter des Passivhaus-Instituts,
Darmstadt)

Die Erfahrungen mit dem energiesparenden Bauen zeigen, daß es zwei in sich geschlossene, stimmige energiesparende Gebäudekonzepte der Zukunft gibt:

Das Niedrigenergiehaus, bei welchem durch guten Wärmeschutz, Wärmeschutzverglasungen und
eine kostengünstige Abluft-Lüftungsanlage ein Energiekennwert Heizwärme zwischen 30 und 70 kWh (m²a) erreicht werden kann. Solch ein Niedrigenergiehaus benötigt aber aus drei Gründen noch eine konventionelle warmwasserführende

Der Wärmebedarf ist ohne Wärmerückgewinnung aus der Abluft auch bei sehr guter Dämmung nicht unter = 35 KWh (m²a) zu senken (maximale Heizlast = 25 kWh (m²a) am Auslegungstag). Eine solche Heizlast ist über eine Zuluftnacherwärmung allein nicht abzudecken - abgesehen davon, daß eine Zuluftführung gar nicht vorhanden ist.

Zweischeiben-Wärmeschutzverglasungen 
(k = 1,3 W(m²K) haben bei -10°C (außen) innere Oberflächentemperaturen unter 15°C, dadurch kommt es am Fenster zum Kaltluftabfall, wenn nicht ein Heiz-
körper unter dem Fenster für die Umkehrung der Strö-
mungsrichtung sorgt. Der Heizkörper wird zudem be-
nötigt, um den Strahlungswärmeentzug auszugleichen.

Durch den Außenluftdurchlaß (ALD) der Fenster tritt im Winter kalte Frischluft in den Raum. Dies würde zu Zugerscheinungen und zum Kaltluftsee führen, wenn nicht unter dem ALD ein Heizkörper steht, der die eintretende Frischluft in die Warmluftwalze einbindet und so Behaglichkeit garantiert.


 
 

Das Passivhaus, bei welchem noch besserer Wärmeschutz, Dreischeiben-Wärmeschutzverglasun-
gen und eine Zu-/Abluftanlage mit hoch effizienter Wärmerückgewinnung zu einem Heizkennwert <15 kWh (m²a) führen. Damit kann auf das konventionelle Heizsystem verzichtet werden. Ein weitergehendes Konzept als das Niedrigenergiehaus wäre aber ökonomisch nicht vertretbar, wenn es sich allein durch Betriebskosteneinsparungen amortisieren müßte. Das Passivhaus ist aber eine konzeptionelle Vereinfachung - die Investitionen für das Heizsystem werden durch solche in die Lüftungstechnik substituiert. Auch im Passivhaus paßt alles zusammen:

Der Wärmebedarf ist so gering, daß bei der maximalen Heizlast < 10 W/m² eine geringfügige Zulufterwärmung zur Deckung ausreicht - das Zuluftkanalnetz ist ohnehin erforderlich.

Zweischeiben-Wärmeschutzverglasungen (k = 0,7 W (m²K) haben auch bei -10°C (außen) innere Oberflä-
chentemperaturen über 17°C. Dadurch kann auf den Heizkörper verzichtet werden, wenn die Fenster nicht über 2,5 Meter hoch sind.

Durch die Wärmerückgewinnung ist die eintretende frische Zuluft warm genug, um auch ohne Heizkörper behagliche Verhältnisse zu schaffen. Weitere Energiesparmaßnahmen als im Niedrigenergiehaus sind wirtschaftlich nur vertretbar, wenn sie zu einem vereinfachten Hauskonzept führen: Betriebskosten sind nämlich kaum noch einzusparen.

Das effiziente Energiesparen

Das Passivhaus ist ein Gebäude, in welchem durch Effizienzmaßnahmen (passiv) ein separates Heizsystem überflüssig wird. Voraussetzung dafür ist die Reduzie-
rung des Heizwärmebedarfs unter < 15 KWh (m²a) durch sehr gute Dämmung und Luftdichtheit sowie durch Nutz-
ung der Wärme aus Abluft, der solaren Einstrahlung und aus internen Wärmequellen. Darüber hinaus soll der ge-
samte Energiebedarf (Nachheizung, Warmwasserhaus-
geräte) 40 kWh (m²) nicht überschreiten.
Diese Konzeption beruht einerseits auf bestimmten tech-
nischen und  bauphysikalischen Standards und anderer-
seits auf einer rationellen Planung und Durchführung des Bauvorhabens sowie auf dem Einsatz möglichst vieler vorgefertigter Bauelemente.

Zentrale Bausteine des Passivhauses:
* Dach, Wände und Fußböden mit hohem Wärmedämm-
 standard (k = 0,1 W (m²K)
* Wärmebrückenfreie Dämmung
* Dreifach-Wärmeschutzverglasung, Gesamtwert 
  k < 0,85 W/m²K (Glasscheibe: k < 0,7, Rahmen: 
  k < 0,7)
* Hohe Luftdichtheit (Luftwechselrate 0,3 - 0,6)
* Kontrollierte Be- und Entlüftung über Wärmetauscher 
  mit einem Wirkungsgrad von 80-90%. Prinzip: 
  Erwärmte und verbrauchte Luft wird aus Küche, Bad 
  und WC abgesaugt und in einen im Abstellraum 
  montierten Wärmetauscher heruntergeleitet. Dort 
  strömt die Luft nach draußen und erwärmt gleichzeitig 
  die einströmende Frischluft, die über Kanäle in die 
  einzelnen Räume eingeblasen wird.
* Passive Solarnutzung durch verschattungsfreie 
  Orientierung der Hauptbelichtungsflächen nach Süden,
 das ergibt circa 40% Beitrag zur Deckung der verblei-
  benden Wärmeverluste.
* Nachheizung über Nachheizregister

Vorgefertigte Bauelemente

Ebenso wie der Verzicht auf eine Unterkellerung tragen
vorgefertigte Bauteile dazu bei, daß die Passivhäuser bei hohem Qualitätsstandard kostengünstig angeboten werden können. 
Wände und Decken aus Stahlbeton als die eigentlich tragenden Teile kamen vorgefertigt als U-förmige Ele-
mente auf die Baustelle. In die einzelnen Stockwerke wurden mit dem Kran die erforderlichen Zwischen-
wände auf Paletten eingebracht.
Eine fertige, komplett eingerichtete Badzelle wurde ebenfalls mit dem Kran an den dafür vorgesehenen
Platz gebracht und ausgerichtet.
Fertige Fassadenelemente inklusive Fenster und Türen, eine Sandwichkonstruktion mit innenliegender, circa 30 cm dicker Dämmung aus Mineralwolle, Außenfolie als Wind- sowie Innenfolie als Dampfbremse wurden per Kran in die U-Elemente eingehängt.
Das vorgefertigte Dachelement mit 40 cm dicker Däm-
mung wurde aufgesetzt und festmontiert. Der Einbau des Fußbodens, die Maler- und Tapezierarbeiten sowie die Installationsanschlüsse, wie die Dämmung der freien Giebelflächen an den Außenseiten der Häuserzeilen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

30 und 35 cm dicke Dämmung in einem Arbeitsgang

Zur Dämmung der zwölf Giebelseiten - circa 760 Quadratmeter - wurde das Capatect-Mineral-System eingesetzt: Die Polystyrol-Hartschaum- Fassaden-
dämmplatten wurden mit Capatect-Klebe- und Spach-
telmasse 190 in der Wulst-Punkt-Methode auf den Untergrund geklebt, danach das Capatect-Armierungs-
gewebe mit der gleichen Klebe- und Spachtelmasse eingebettet und plan gespachtelt. Darauf erfolgte nach ausreichender Trocknung die Endbeschichtung mit eingefärbtem Capatect-Mineral-Leichtputz 139. Das Besondere bei der Giebeldämmung der Lummerlund-
Häuser ist die ungewöhnliche Dicke der Fassaden-
dämmplatten. Aufgrund der Wärmedämmberechnungen war für die Niedrigenergiehäuser eine Dämmdicke von 30 cm, für die Passivhäuser von 35 cm erforderlich. Diese Dämmstärken werden üblicherweise zweilagig in zwei Arbeitsschritten und mit zusätzlicher Befestigung erreicht. In Lummerlund hätte eine Dübelung jedoch einen Unsicherheitsfaktor für die Wärmedämmberech-
nung bedeutet. So wurden hier diese dicken Dämm-
blöcke aufgeklebt. Dabei galt es, ganz besondere Sorgfalt walten zu lassen.
Die Firma Breitenbach Baudekoration verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Verarbeitung von Wärme-
dämm-Verbundsystemen. Pro Jahr dämmt der Betrieb mindestens 20.000 Quadratmeter Fassadenflächen. Dämmplatten von 30 bis 35 cm Dicke waren aber auch für die Firma Breitenbach Neuland. 

Infos unter www.capatec.de